Wein degustieren aber richtig! Teil II

Wein degustieren aber richtig! Teil II

Und weiter geht es mit dem zweiten Teil. Jetzt wird es noch spannender! Denn

JETZT KOMMT SCHWUNG REIN!

Nun kommen wir zum wichtigsten Teil des Wein degustierens, lange bevor wir den ersten Schluck nehmen. Das Riechen ist für die korrekte Degustation sehr wichtig. Es wird dir enorm viele Informationen über den Wein geben. Um das Beste aus dem Wein in deinem Glas zu bekommen, schwenk den Wein darin zuerst im Uhrzeigersinn, nicht gegen den Uhrzeiger. Du machst das nicht um cool auszusehen, sondern um dem Wein den nötigen Sauerstoff zur Aromenentwicklung zu geben. Es ist wie bei Parfum, das braucht auch Luft um die Noten freizusetzen. “Chris, wieso um alles in der Welt soll ich im Uhrzeigersinn schwenken?” fragst du dich jetzt.

Dafür gibt es einen einfachen Grund und ich habe in meiner über 20jährigen Erfahrung im Weingeschäft festgestellt, dass sehr viele Leute davon nichts wissen, selbst Leute im Weingeschäft nicht. Aber ich verleite dich jetzt zu einem Experiment: schwenk den Wein in deinem Glas zuerst ordentlich gegen den Uhrzeigersinn und riech daran. Ok? Und jetzt schwenk ordentlich mit dem Uhrzeigersinn und riech nochmals am Glas. Riechst du den Unterschied? Bist du Neugierig wieso das so anders riecht?

Jedes Aroma hat ein molekulares Gewicht. Wenn du mit dem Uhrzeigersinn schwenkst, nutzt du die Zentrifugalkraft um die Aromen in der richtigen Sequenz zu entfalten. Zuerst die leichten, dann die mittleren und danach die schweren Aromen. Wenn du gegen den Uhrzeigersinn schwenkst, dann presst du die leichtesten und mittleren Aromen weg und riechst nur die schwersten. D.h. mit anderen Worten, der Wein riecht flach.

STECK DEINE NASE IN DAS GLAS

 

Jetzt bist du bereit deine Nase ins Glas zu stecken. Genauso wie hier im Bild. Sei nicht scheu und bleib nicht über dem Glas hängen. Du würdest jede Menge verpassen! Steck sie ins Glas und dann nimm einen langen, tiefen Atemzug durch die Nase. Oftmals sehe ich Leute, die nur ein bisschen schnüffeln, das ist nicht lang genug. Du isst auch nicht nur das halbe Steak oder? Riech, geniesse und entscheide dann, nach was es riecht. Sind es Früchte? Kräuter? Blumen? Gewürze?

Erinnern dich die Aromen an etwas? Weisst du, so etwas wie “Oh, das riecht wie ein Tag am Meer” oder “Mmmm, da sehe ich mich am Cheminée mit einem prasselnden Feuer und dicken Socken”. Siehst Du was ich meine?

Alle Aromen sind für uns mit Erinnerungen verknüpft.

Vom Tag an, an welchem wir geboren werden, merken wir uns alle Gerüche die wir riechen. Jede Sekunde in unserem Leben. Ein Mensch kennt geschätzte 10’000 Aromen, davon sind etwa 3’000 chemisch rein. Das ist nicht schlecht oder? Ist es dir jemals passiert, dass du irgendwo hin gingst und dann riefst “Hei, das riecht genauso wie bei Grossmutter” oder “Oh wow, genauso hat es bei mir in der Schule gerochen”. Wenn du anfangen würdest zu erzählen was genau du riechst, du würdest kein Ende finden. Wie gesagt, Aromen und Erinnerung gehören zusammen und genauso ist es bei Wein. Du klinkst dich also in deine Erinnerung ein wenn du Wein degustierst. Natürlich kannst du deine Nase trainieren, zum Beispiel mit der “Weinaromabar” (mehr dazu in diesem Blopost). Wichtig zu wissen ist, dass wenn du Rotweine verkostet, du mit höchster Wahrscheinlichkeit Beerenaromen riechen wirst. Aber auch Aromen wie: Schokolade, Zeder, Kaffee, Leder, Butter, Vanille, Karamell, Trüffel, Pilz, Rauch, Lakritze und Tabak (denk an Pfeifentabak, nicht Zigaretten). Diese Aromen kommen vom Barrique. Alles was fruchtig, floral und herbal ist, kommt von der jeweiligen Traubensorte. So kann man die diversen Aromen im Wein voneinander unterscheiden.

WEIN IM MUND – DAS FINALE

Nachdem du jetzt ausgiebig am Wein gerochen und dir Zeit genommen hast, bist du jetzt bereit für das Mundgefühl. Nimm zuerst einen Schluck und spül deinen Mund gut damit aus, schluck runter und denk an nichts. Es wird mit höchster Wahrscheinlichkeit bitter sein. Du tust dies, um deinen Gaumen und Mund für die Weindegustation vorzubereiten. Einmal erledigt, nimmst du einen zweiten Schluck und wirst feststellen, dass der Wein jetzt einen ganz anderen Geschmack hat. Falls du nicht schon eine eigene Technik hast, Luft in den Mund zum Wein zu saugen, habe ich dir einen Tipp. Presse die obere Zahnreihe gegen die innere untere Lippe und sauge Luft rein. Du tust damit dasselbe wie beim Wein im Glas schwenken, du gibst nochmals Luft dazu, diesmal aber in einer kompakteren Umgebung. Nun schluckst du entweder den Wein runter oder spuckst ihn in den Spucknapf.

WEINKURS

So individuell wie du! Lern bei mir das 1×1 der Weindegustation, sei es mit Freunden, in einer Gruppe oder alleine. Für jede:n hat es den passenden Weinkurs. Immer persönlich von mir geführt.

Herzlich, Christina WeinWeib

 

 

 

Wein degustieren aber richtig! Teil I

Wein degustieren aber richtig! Teil I

Wieso degustieren wir überhaupt Wein?

Der Hauptgrund beim Wein degustieren ist, festzustellen ob er dir gefällt oder nicht. Hier beginnt und endet alles. Passt uns ein Wein in den Kram, dann kaufen wir ihn und freuen uns jeden Tag daran. Gefällt er uns nicht, verziehen wir das Gesicht und denken „Nein, das ist nicht meiner!“.

Trage kein Parfüm beim Wein degustieren | Weinkurs | Weinweib | Bern

DIE VORBEREITUNG

Um das Beste aus der Weindegustation zu machen, gebe ich dir ein paar Tipps und Tricks. Ganz wichtig ist es übrigens, keinerlei Parfum oder parfumierte Lotion am Körper zu haben. Diese Aromen übertönen sonst die Weinaromen und man riecht nur noch das Parfum.
Etwa 2 Stunden vor dem Degustieren: keinen Kaffee mehr trinken, nicht Rauchen (ja, das ist ein schwieriger Teil für Raucher), keinen Kaugummi kauen und die Zähne nicht putzen. Kaffee und alles was Mentholhaltig ist, sind so intensive Aromen dass sie die Geschmacksnerven auf der Zunge anästhesieren. Man hat zudem einen bitteren Geschmack im Mund, wenn man mit dem Degustieren beginnt.

DIE RICHTIGE REIHENFOLGE BEIM DEGUSTIEREN

Ich bin mir ziemlich sicher, das du schon bei Weindegustationen mit dabei warst und weisst, wie der Hase läuft. Mir ist aber durch meine langjährige Arbeit bewusst geworden, dass viele Weintrinker nicht wissen, warum man in einer bestimmten Reihenfolge Wein degustiert. Um nächstes Mal top informiert zu sein und mit Unbeschwertheit mitzumachen, gebe ich dir hierzu ein paar Anhaltspunkte.

    • Wenn du Weisswein, Rosé und Rotwein degustieren willst, beginne immer mit dem Weissen. Gefolgt vom Rosé und schliesse mit dem Roten ab.

    • Innerhalb der gleichen Farbe, beginne mit dem leichtesten und arbeite dich zum schwersten hoch (Alkoholgehalt). Mach dasselbe in jeder „Weinfarbe“. Der Grund wieso man dies tut ist folgender: Weissweine haben einen höheren Säuregehalt und kaum Tannine (Gerbsäure), Rotweine haben viel Tannine und je nach Traubensorte einen hohen oder niederen Säuregehalt. Wenn du den Rotwein vor dem Weisswein degustieren würdest, hättest du als Folge den Eindruck, Essig im Mund zu haben.

    • Es ist nicht nötig zwischen den Weinen dein Glas mit Wasser auszuspülen. Das ist etwas, was ich sehr oft sehe. Einige werden jetzt mit den Augen rollen und sich überlegen, ob sie mir nicht gleich eine e-mail schreiben wollen. Es gibt aber einen Grund wieso ich da so pingelig bin und das ist folgender: das Glas auswaschen verdünnt den Wein. Mach mal einen Test zu Hause, wasch dein Glas mit Wasser aus und lass es einen Moment stehen, du wirst überrascht sein wie viel Wasser darin zurück bleibt. Und nein, beim Degustieren dann mit einem Papiertuch austrocknen ist keine Lösung, du hast dann kleine Fussel im Glas, die sind unschön und du hast diese dann im Wein.

Es gibt aber einen anderen, professionellen, Weg den ich dir gerne verrate: wenn du Wein in der gleichen Farbe verkostest, reicht es aus, den nächsten Wein ins leere Glas zu geben. Da wir ja vom leichtesten zum schwersten Wein gehen, bildet der nächste Wein eine deckende Schicht im Glas und übertönt so den letzten. Falls du zwischen den verschiedenen „Weinfarben“ das Glas wechseln kannst, ist das perfekt. Ist das nicht möglich, hier ein anderer Tipp vom Profi: gib ein wenig vom neuen Wein ins Glas und schwenke ihn gut. Dann schüttest du diesen aus. Diesen Vorgang nennt man “Avinieren” und ich weiss, dass es in einigen Kreisen als Verschwendung gilt. Du kannst diesen Vorgang auch brauchen um ein neues Glas auf den Wein vorzubereiten. Da es so sämtliche Aromen vom Glas selber eliminiert. Das ideale Glas zum Verkosten ist ein DINA4- Sommelier Glas. Diese Gläser sind speziell dafür gemacht worden, um sämtliche Weine (von Champagner bis Dessertweine) zu degustieren. In meinen Weinkursen brauche ich spezielle Degustationsgläser von einem Glashersteller aus der Schweiz. Die Form ist perfekt um alle Aromen zu riechen. Beim Weintrinken greifen wir dann wieder auf die eigens für die Weinsorten gemachten Gläser (Weisswein, Rotwein, Champagner etc.). Und noch etwas, halte dein Glas immer am Stiel! Wirklich immer. Wenn du es am Körper hältst, dann wärmst du erstens den Wein auf und zweitens hinterlässt du unschöne Fingerabdrücke am Glas.

Weinfarbe prüfen | Weinkurs | Weinweib | Bern

DAS AUGE SIEHT MIT

Sorge dafür, dass du gutes Licht und ein weisses Papier/Serviette oder ähnliches zur Hand hast. Ich beobachte oft Leute, welche ihr Glas in den Himmel strecken und den Wein anschauen. Glaub mir, da siehst du nichts.

Halte das Glas statt dessen schräg unter dich, über dem weissen Hintergrund. Siehst du den Unterschied? Wenn du das Glas so hältst, kannst du die Farbe, Intensität und Transparenz genau erkennen. Wenn es ein Weisswein ist, geht die Farbe Richtung gelb, grünlich, sieht es aus wie Stroh oder eher wie Zitrone. Ist es ein Rosé, sieht es aus wie Aprikosen, Lachs, rosa Rosen etc. Und bei Rotwein (hier haben wir sehr viele Farbtöne) geht es von Rubinrot, Kirschen, Tomaten, Blut, Rost, Granat bis zum Purpur und Violett.

Achte auch auf die Transparenz des Weines. Sieht er milchig oder flockig aus, ist er mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht mehr gut. Wein sollte immer Transparent, ohne Rückstände, Flocken sein.

Neugierig auf mehr?

Na? Bist du schon gespannt auf den zweiten Teil? Geh und geniess ein Glas Wein, während dem ich weiter schreibe. Oder du buchst dir einen Weinkurs und lernst das 1×1 der Weindegustation bei mir vor Ort. Macht übrigens enorm Spass!

Bis dahin grüsse ich dich herzlich!

Christina