Am 27. Mai 2024 war es soweit, an einem regnerischen Abend folgten Serge und ich der Einladung von Thomas Vaterlaus und Alicia Metter zu einem richtig coolen Weinevent in der Rooftopbrasserie & Bar, im Globus in Bern. Die beiden haben eine Agentur für Wein und Kulinarik in Zürich und stellten an selbigem Abend die 3-Jahres Kampagne
Europa für alle Sinne
vor. Für diese Kampagne (mit europäischem Gütesiegel) haben sich die Konsortien der Weine Südtirol DOC, Etna DOC und Pecorino Romano DOP (als Verbindungsglied) zusammengeschlossen. Obwohl mir die Weine aus dem Südtirol aus der Zeit in der Toscana bekannt sind, gab es dennoch neues zu lernen.
SUEdtirol DOC
Die Weine DOC aus dem Südtirol haben 1 Consorzio (Konsortium), 12 Genossenschaftskellerien und insgesamt 4’800 Winzerinnen und Winzer, welche ihr einzigartiges und äusserst vielfältiges Terroir bewirtschaften. Stell dir mal vor, die „tiefsten“ Rebberge liegen auf 200 MüM und die höchsten auf 1’000. Sie bewirtschaften eine Rebfläche von 5’000 Hektar (was weniger als 1% der italienischen Anbaufläche entspricht) auf Böden, welche von Porphyr über Quarz und Glimmer bis zu Kalkstein und Dolomitgestein reicht. Über 20 Rebsorten haben dort ihre idealen Wachstumsbedingungen gefunden und überraschen uns mit der gleichen Vielfältigkeit wie der Boden.
In den letzten 40 Jahren hat sich das Südtirol neu erfunden und hat sich von der „Rotweinregion“ zur „Weissweinregion“ gewandelt. Wenn du zu den Menschen gehörst, die gerne ins Südtirol in die Ferien gehen, hast du bestimmt schon mal einen Vernatsch oder einen Lagrein getrunken. Die wohl bekanntesten Traubensorten der Region für Rotweine. Lagrein dominiert, gefolgt von Blauburgunder und Vernatsch.
Die weissen Traubensorten haben sich dafür von ehemals 20% auf stolze 65% des Rebbaus ausweiten können. Das Wetter und die Böden haben diesem „Schub“ enorm geholfen. Trinkst du gerne Pinot Grigio? Dann greif unbedingt mal auf solche zurück, die aus dem Südtirol kommen. Gefolgt von Gewürztraminer, Chardonnay, Sauvignon Blanc und Weissburgunder.
Die Winzer folgen den strengen DOC Richtlinien (Denominazione di Origine Controllata) und durch die teils anspruchsvollen Lagen der Rebberge, wird sehr viel von Hand bearbeitet und gelesen. Dies spiegelt sich unter anderem in qualitativ hochstehenden Weinen wieder.
Etna DOC
Wenn du zu unseren aufmerksamen Blogleserinnen und -lesern gehörst, ist dir sicher aufgefallen, dass ich ein grosser Fan von Weinen aus Sizilien bin. Zugegeben, die Weine des Etna DOC sind bisher unter meinem Radar geflogen. Mit ein Grund sicher, dass diese noch nicht so bekannt sind wie z.B. die Nero d’Avola oder Catarrato. Es war ein besonderes Highlight dieses Abends. Auch die Anwesenheit von Maurizio Lunetta, Direktor der Vini Etna DOC, mit dem ich ein Videointerview machen durfte.
Die Etna DOC Region bildet fast einen Ring um den Ätna und hat dadurch etliche Eigenheiten, welche sämtlichen anderen Weinregionen Italiens die Show stehlen kann.
Eine, welche mir besonders aufgefallen ist: die Reben hatten nie ein Problem mit der Reblaus und sind deshalb von der Wurzel bis zum letzten Blatt und Traube 100% rein. Der Weinbau dort ist durch die von Lava geprägte Erde sehr viel arbeitsintensiver als anderswo. Die Böden beeindrucken durch ihre vulkanische Zusammensetzung, sind mal kiesig mal aschig und weisen eine natürliche Terrassierung auf.
Eigentlich ist es ein sehr kleines „DOC“ in einem grossen Gebiet. Du wirst vielleicht staunen wen du hörst, dass diese Rebfläche weniger gross als 0.5% der italienischen Rebbaufläche einnimmt. Auf 1’291 Hektar arbeiten 445 Produzenten (aufgeteilt in 133 Contrade) nach strengsten Richtlinien, um dieses mittlerweile boomende Weinanbaugebiet zu schützen.
In den letzten 15 Jahren wurde aus dem unscheinbaren Anbaugebiet ein Ort, den viele Winzer aus anderen Teilen Italiens (und sogar dem Ausland) für sich einnehmen wollten. Dadurch schoss die Produktion rasant in die Höhe und und das Consorzio – welches 1994 zum Schutz der Etna DOC gegründet wurde – hat beschlossen ein Anbauen von neuen Rebbergen mit einem 3-jährigen Stop zu versehen. Um zu garantieren, dass die Qualität keinen Schaden nimmt und nicht jeder aus seinem bestehenden Oliven- oder Mandelbaumhain flugs einen Rebberg machen kann.
Rotwein – Weisswein
Die Rebsorten Nerello Mascalese, Nerello Cappuccio (rot) und Carricante (weiss) dominieren den Weinbau und der Trend ist dahingehend, dass es nur noch 100% reine Traubensortenweine geben wird. Auf Assemblagen wird mehr und mehr verzichtet. Für mich verständlich, denn dadurch kann ich als Weintrinkerin die Unterschiede der Höhenlage und der Bodenbeschaffenheit so richtig geniessen. Übrigens liegen hier die höchsten Rebberge auf 1’000 MüM, Angebaut wird an 4 verschiedenen Hanglagen, mit ihren ganz eigenen Wetterbedingungen und nicht überall wird dieselbe Traube angepflanzt.
Allen ist gemeinsam, dass die Lava und besonders die Asche des Ätna seinen einzigartigen Einfluss auf die Reben hat. Man riecht beim Degustieren das Vulkangestein und das mineralische sehr gut raus. Einzigartige Weine, die es so kein zweites mal in der italienischen Weinwelt gibt. Und durchaus eine Reise wert sind!
Ein munziges Detail noch: nur wo „Etna DOC“ Carricante draufsteht, ist Etna DOC drin. Carricante als alleiniges Merkmal auf der Flasche weist nur darauf hin, dass diese Traubensorte drin ist. Aber da sie noch an anderen Orten auf Sizilien angebaut wird, entspricht sie nicht den hohen Standarts des Etna DOC.
Wir haben an diesem Abend insgesamt 12 Weine degustiert. Es würde den Rahmen sprengen dir jeden einzelnen Wein im Detail zu erläutern. Gerne schreibe ich dir aber auf, was wir degustieren durften:
Weissweine
Aus dem Südtirol:
- Weissburgunder Plötzner 2022, 100% Weissburgunder, Anbaugebiet Eppan, Kellerei St.Pauls
- Pinot Grigio Opes 2022, 100% Pinot Grigio, Anbaugebiet Südtirol, Ritterhof Weingut-Tenuta
- Eisack DOC Gewürztraminer 2022, 100% Gewürztraminer, Anbaugebiet Eisacktal, Weingut Ebner
Vom Ätna:
- Bianco Torre Mora Chiuse Vidalba 2022, 100% Carricante, Anbaugebiet Ätna-Mediterran, Torre Mora
- Bianco Superiore 2022, 100% Carricante, Anbaugebiet Milo/Etnean, Villagrande
- Bianco Superiore Contrada Rinazzo 2021, 100% Carricante, Anbaugebiet Milo, Benanti Viticoltori
Rotweine
Aus dem Südtirol:
- Kalterersee Classico Superiore Quintessenz 2022, 100% Vernatsch, Anbaugebiet St. Josef am See/Kaltern, Kellerei Kaltern
- Blauburgunder Riserva Mazon 2020, 100% Blauburgunder, Anbaugebiet Mazon, Weingut J. Hofstätter
- Lagrein Gries Riserva Select 2021, 100% Lagrein, Anbaugebiet Gries/Bozen, Weingut Hans Rottensteiner
Vom Ätna:
- Rosso Eudes 2021, 85% Nerello Mascalese und 15% Nerello Cappuccio, Anbaugebiet Contrada da Monte Gorna, Eudes
- Rosso Clo 2020, 85% Nerello Mascalese und 15% Nerello Cappuccio, Anbaugebiet Vulkan Ätna/Osthang/Milo, Cantine Iuppa
- Rosso i Turrizzi 20219, 100% Nerello Mascalese, Anbaugebiet Castiglione di Sicilia/Contrada Moganazzi, Tenute Tozzi
Pecorino Romano – der Dritte im Bunde
Nun kommen wir doch noch zum Pecorino Romano DOP, dem bekanntesten italienischen Käse nebst Parmigiano. Pecorino wird aus Schafsmilch und zu mehr als 95% in Sardinien hergestellt. Das raue Klima und die kargen Böden geben einen extrem leckeren Pecorino. Den man nicht nur dort vom Ricotta (Quark) bis zum Pecorino stagionato geniessen kann.
Kleiner Einschub: solltest du mal nach Sardinien gehen, probier unbedingt Seadas! Ein frittiertes Gebäck, gefüllt mit ganz frischem, noch ungesalzenem Pecorino, das mit Honig darüber gegossen serviert wird. Davon kann man fast nicht genug bekommen.
Als ich noch in der Toscana wohnte (wo es übrigens auch recht viele Schafherden gibt, die oft von Maremmano Hunden bewacht werden) fuhren mein Expartner und ich jedes Jahr 1 bis 2 Mal nach Sardinien. Seine Mutter hatte dort ein Haus am Meer und ich lernte Pecorinosorten kennen, die es auf dem Festland nicht zu kaufen gibt. Mega lecker! Und auch in der Toscana ass ich definitiv mehr Pecorino Produkte als andere Käsearten.
Im Jahr 1979 hatte Gianni Maoddi (übrigens ein typisch sardischer Name) die gute Idee, den Pecorino Romano DOP zu schützen und sogleich das Konsortium zum Schutz des Pecorino ins Leben gerufen.
Gottseidank kann ich da nur sagen. Stell dir mal vor, wenn sonst Hinz und Kunz, Amerikaner und Chinesen plötzlich beschlossen hätten, ihre Schafskäse als Pecorino Romano zu verkaufen. Oh no no!
Nun zurück zu unserem Abend in Bern
Die Gruppe der anwesenden Menschen degustierten also zuerst die obgenannten Weine und konnten diese bereits kennen lernen. Im Anschluss hat uns der Koch von der Rooftopbrasserie ein super kreatives und extrem leckeres Menu kreiert. 6 Gänge, jeweils mit Pecorino Romano als Hauptakteur und den coolsten Kombinationen.
Mein absoluter Favorit war der mini Hot-Dog im Brioche-Bun mit Pecorino Romano und einer Trüffelscheibe obenauf. Für mich hat da der Etna DOC Bianco Superiore 2022 die passende Kombi gegeben. Da wir alle Weine nochmals zum Essen kombinieren durften, konnte man so 1:1 testen, welcher Wein zu welchem Gericht am Besten passt.
Nicht immer waren Serge und ich uns einig welcher Wein passt. Jeder von uns hat dennoch seine Favoriten gefunden und diese dann mit den kredenzten Speisen genossen.
Nochmals herzlichen Dank an Valeria Novello, Thomas Vaterlaus und Alicia Mettler von MettlerVaterlaus für die Einladung! Es war ein lehrreicher und spannender Abend!