Wein degustieren aber richtig! Teil II

von | 18. Mrz 2024 | Weinwissen

Und weiter geht es mit dem zweiten Teil. Jetzt wird es noch spannender! Denn

Jetzt kommt Schwung rein!

Nun kommen wir zum wichtigsten Teil des Wein degustierens, lange bevor wir den ersten Schluck nehmen. Das Riechen ist für die korrekte Degustation sehr wichtig. Es wird dir enorm viele Informationen über den Wein geben. Um das Beste aus dem Wein in deinem Glas zu bekommen, schwenk den Wein darin zuerst im Uhrzeigersinn, nicht gegen den Uhrzeiger. Du machst das nicht um cool auszusehen, sondern um dem Wein den nötigen Sauerstoff zur Aromenentwicklung zu geben. Es ist wie bei Parfum, das braucht auch Luft um die Noten freizusetzen. “Chris, wieso um alles in der Welt soll ich im Uhrzeigersinn schwenken?” fragst du dich jetzt.

Dafür gibt es einen einfachen Grund und ich habe in meiner über 20jährigen Erfahrung im Weingeschäft festgestellt, dass sehr viele Leute davon nichts wissen, selbst Leute im Weingeschäft nicht. Aber ich verleite dich jetzt zu einem Experiment: schwenk den Wein in deinem Glas zuerst ordentlich gegen den Uhrzeigersinn und riech daran. Ok? Und jetzt schwenk ordentlich mit dem Uhrzeigersinn und riech nochmals am Glas. Riechst du den Unterschied? Bist du Neugierig wieso das so anders riecht?

Jedes Aroma hat ein molekulares Gewicht. Wenn du mit dem Uhrzeigersinn schwenkst, nutzt du die Zentrifugalkraft um die Aromen in der richtigen Sequenz zu entfalten. Zuerst die leichten, dann die mittleren und danach die schweren Aromen. Wenn du gegen den Uhrzeigersinn schwenkst, dann presst du die leichtesten und mittleren Aromen weg und riechst nur die schwersten. D.h. mit anderen Worten, der Wein riecht flach.

Steck deine Nase ins Glas

Jetzt bist du bereit deine Nase ins Glas zu stecken. Genauso wie hier im Bild. Sei nicht scheu und bleib nicht über dem Glas hängen. Du würdest jede Menge verpassen! Steck sie ins Glas und dann nimm einen langen, tiefen Atemzug durch die Nase. Oftmals sehe ich Leute, die nur ein bisschen schnüffeln, das ist nicht lang genug. Du isst auch nicht nur das halbe Steak oder? Riech, geniesse und entscheide dann, nach was es riecht. Sind es Früchte? Kräuter? Blumen? Gewürze?

Erinnern dich die Aromen an etwas? Weisst du, so etwas wie “Oh, das riecht wie ein Tag am Meer” oder “Mmmm, da sehe ich mich am Cheminée mit einem prasselnden Feuer und dicken Socken”. Siehst Du was ich meine?

Alle Aromen sind für uns mit Erinnerungen verknüpft

Vom Tag an, an welchem wir geboren werden, merken wir uns alle Gerüche die wir riechen. Jede Sekunde in unserem Leben. Ein Mensch kennt geschätzte 10’000 Aromen, davon sind etwa 3’000 chemisch rein. Das ist nicht schlecht oder? Ist es dir jemals passiert, dass du irgendwo hin gingst und dann riefst “Hei, das riecht genauso wie bei Grossmutter” oder “Oh wow, genauso hat es bei mir in der Schule gerochen”. Wenn du anfangen würdest zu erzählen was genau du riechst, du würdest kein Ende finden. Wie gesagt, Aromen und Erinnerung gehören zusammen und genauso ist es bei Wein. Du klinkst dich also in deine Erinnerung ein wenn du Wein degustierst. Natürlich kannst du deine Nase trainieren, zum Beispiel mit der “Weinaromabar” (mehr dazu in diesem Blopost). Wichtig zu wissen ist, dass wenn du Rotweine verkostet, du mit höchster Wahrscheinlichkeit Beerenaromen riechen wirst. Aber auch Aromen wie: Schokolade, Zeder, Kaffee, Leder, Butter, Vanille, Karamell, Trüffel, Pilz, Rauch, Lakritze und Tabak (denk an Pfeifentabak, nicht Zigaretten). Diese Aromen kommen vom Barrique. Alles was fruchtig, floral und herbal ist, kommt von der jeweiligen Traubensorte. So kann man die diversen Aromen im Wein voneinander unterscheiden.

Wein im Mund – das Finale

Nachdem du jetzt ausgiebig am Wein gerochen und dir Zeit genommen hast, bist du jetzt bereit für das Mundgefühl. Nimm zuerst einen Schluck und spül deinen Mund gut damit aus, schluck runter und denk an nichts. Es wird mit höchster Wahrscheinlichkeit bitter sein. Du tust dies, um deinen Gaumen und Mund für die Weindegustation vorzubereiten. Einmal erledigt, nimmst du einen zweiten Schluck und wirst feststellen, dass der Wein jetzt einen ganz anderen Geschmack hat. Falls du nicht schon eine eigene Technik hast, Luft in den Mund zum Wein zu saugen, habe ich dir einen Tipp. Presse die obere Zahnreihe gegen die innere untere Lippe und sauge Luft rein. Du tust damit dasselbe wie beim Wein im Glas schwenken, du gibst nochmals Luft dazu, diesmal aber in einer kompakteren Umgebung. Nun schluckst du entweder den Wein runter oder spuckst ihn in den Spucknapf.

Nun geht es ans geniessen

Nachdem du nun das Einmaleins des Degustierens gelernt hast, trau dich an Wein. Leg los und erkunde die wunderbare Welt der Aromen und Feinheiten dieses wunderbaren Stück Lebenslust.

Hier geht es zu Teil 1 der Weindegustation.